Der Lieferant liefert das Bestellte – und wenn nicht, dann hakt der Einkauf eben nach! So einfach, oder? Klar, der Einkauf hat die volle Transparenz darüber, wie die bestellte Leistung auszusehen hat und kennt die Anforderungen und den Einsatz im Fachbereich sehr gut. Und für die Lieferantenbewertung haben wir ein ausgefeiltes Scoring-System. Und dennoch wächst das ungute Gefühl, dass der Lieferant nicht die Erwartung trifft und teurer ist, als erwartet!
Die Beschaffung regelmäßig erbrachter, komplexer Dienstleistungen unterscheidet sich fundamental vom traditionellen Einkauf der berühmten Herrensocken. Und genau in diese Situation kommen Unternehmen immer häufiger durch Outsourcing von ganzen Prozessteilen, dem Bezug von Software-as-a-Service (SaaS) und sogar durch die Gründung von konzerninternen Shared-Service-Centern. Um die vertragliche Leistung zu beschreiben gibt es Verträge, Leistungsscheine, SLAs und OLAs und so weiter – stimmt. Doch mit welcher Liebe zum Detail wurden diese definiert? Wie regelmäßig werden die Berichte analysiert und dann Gespräche mit dem Anbieter geführt? Wie häufig hat man die Bedingungen mündlich auf Zuruf angepasst, anstatt das Vertragswerk sauber anzupassen. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.
Wie so häufig, liegt eine der Ursachen schon am Beginn des Prozesses, in diesem Fall in der Ausschreibung der Leistung. Ist die Organisation bereit für ein komplexes Sourcing?
Was heißt eigentlich Sourcing-Readiness?
Das kann doch nicht so schwer sein! Andere geben den Betrieb des Rechenzentrums, die Buchhaltung oder das Fuhrparkmanagement doch auch an Dritte. Aber was andere machen muss nicht für uns gut sein! Am Anfang steht immer die strategische Analyse! Wie wichtig ist der Prozess-Teil für mein Geschäftsmodell und meine Wertschöpfung? Prozesse, die für das eine Unternehmen lästige Administration ist, ist für andere Kernerfolgsfaktor.
Danach sollten Sie sich fragen, wie Sie den Prozessteil gesteuert haben und ob dieser für den Provider und der Provider durch Sie überhaupt gesteuert werden kann. Die Beantwortung dieser Frage impliziert, dass Sie die Leistung genau beschreiben können und auch in Volumen, Qualität und Kosten messen können. Wie eng müssen Sie an der Leistungserbringung sein?
Wichtig ist auch, dass Sie im Unternehmen eine Prozessverantwortung etabliert haben, die Ahnung vom Prozess hat und haben wird. Schließlich bleibt die Frage nach vorhandenen Instrumenten der Steuerung von Dienstleistern. Dazu später mehr. Grundsätzlich liegt auf der Hand, dass der ideale Prozessteil modular isoliert werden kann, stabil ist und einen möglichst homogenen Systemnutzungsgrad hat.
Außerdem sollten die im Prozessteil auftretenden Risiken auch durch den Provider beherrschbar sein. Wenn all das gegeben ist, kommt der anstrengende Teil: Dokumentation, Standardisierung und den unbedingten Willen den Managements diesen Zustand zu erhalten – sprich die Dokumentationen immer wieder dem Ist anzupassen und die Standards immer wieder nachzuschärfen. Auf dieser Basis können die Ausschreibung und der RfP-Prozess gestartet werden. Auf dieser Basis kann das Implementierungsprojekt gestartet werden und auf eben dieser Basis arbeitet das Provider-Management nach der Implementierung in der täglichen Steuerung.
Die Ausgliederung der eines Prozess-Teils ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit – weder kurz- noch langfristig. Themen, die früher per Zuruf geregelt werden konnten, werden auf einmal formal. Dinge, die Kollegen früher einfach mitgemacht haben, kosten auf einmal extra. Die Kenntnisse meines Kollegen zu meinem Prozess sind auf einmal nicht mehr selbstverständlich – und irgendwann verliert die Organisation auch die Kenntnisse über den Prozess beim Supplier. Wozu auch? Um den Griff an Optimierung der Gesamtkette zu behalten.
Was genau ist dann Providersteuerung?
Das ist eine regelmäßige, dezidierte Aufgabe und nicht ein „mach‘ ich mal mit Job“. Diese Aufgabe bedarf echter Kenntnisse zum Gesamtprozess auf beiden Seiten, der vertraglichen Leistungsbeschreibung an der Schnittstelle und analytische Kenntnisse zur Interpretation der – meist aggregierten - SLA und OLA. Anders wird man die regelmäßigen Anfragen nach „out of scope“ nie einordnen können. Denn insbesondere auch die interne Organisation muss den vertraglich versprochenen Teil einhalten! Darauf zu achten ist Aufgabe des Prozess-Owners und des Provider-Managements. Und anders wird man auch die Performance nie richtig einschätzen können und bei den immer wiederkehrenden Preisverhandlungen nichts entgegensetzen können.
Dem Provider-Management wird in Zukunft eine strategische Rolle zufallen!